Hans Willi Konrad ist "Pflanzendoktor" beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach. Bei hanz-online gibt er Tipps für die richtige Pflege von Garten- und Zimmerpflanzen.
Vielen von uns ist das schon mal so gegangen: Bei der Anwendung der Spritzmittel alles richtig gemacht, aber den Blattläusen ist das egal, sie saugen trotzdem munter weiter.Oder der Mehltau frisst die Rosen praktisch auf. Überhaupt waren früher die Mittel besser, die von heute taugen nix.
Als es noch richtig gute Mittel gab, da sind die Viecher gleich vom Stängel gefallen, meint man sich zu erinnern. Ja, in gewissem Maß stimmt das auch. Diese Totschlägermittel gibt es jedochschon lange nicht mehr für den Garten. Natürlich hängen richtig Hartnäckige der Zeit nach, als mit Folidol-Öl und E 605 das grüne Paradies auf Vordermann gebracht wurde. Seit vielen Jahren gibt es für den Privatmann nur noch spezielle Kleingartenmittel, die auch sehr oft auf der Basis natürlicher Wirkstoffe beruhen.
Durch vermehrtes Wissen, Pflanzenschutzmittel mit zielgenauerer Wirkung und größerer Umweltverträglichkeit hat sich seit Langem die Pflanzenschutzwelt im Kleingarten verändert. Natürlich sollen die Mittel auch gut wirken. Das machen sie auch. Halt etwas anders. Die Käfer fallen nicht mehr gleich vom Blatt. Sie stellen aber umgehend den Fraß ein. Das muss der Gärtner dazulernen.
Auch habe ich manchmal das Gefühl, der Wunsch ist der Vater des Gedankens, wenn es heißt, dass die Mittel früher besser waren. Hinterfrage ich bei Minderwirkung die genaue Art und Weise der Pflanzenschutzmittelanwendung, kommen schon Ungereimtheiten ans Licht. Angefangen bei der nicht korrekten Dosierung oder der Verwechslung mit ähnlich aussehenden Verpackungen.
Auch Witterungseinflüsse sorgen für Überraschungen. Frisch gespritzt, dann ein Gewitterschauer, bevor die Brühe überhaupt antrocknen konnte, schon ist die Wirkung dahin. Ebenso kann Hitze zur Minderung beitrage: Dann verdunstet Spritzbrühe schneller, als sie einziehen/antrocknen kann. Zusätzlich beschleunigt die UV-Strahlung den Wirkstoffabbau.
Manche Insekten können bei höheren Temperaturen Wirkstoffe in ihrem Körper besser verkraften: Sie bauen die quasi ab. Wird sehr früh morgens gespritzt, sind die Bestände manchmal noch taunass. Das führt zu einem Verdünnungseffekt. Spinnmilben sitzen hauptsächlich auf der Blattunterseite: Da ist die Minderwirkung eines Kontaktmittels, das über die Blattoberseite ausgebracht wird, schon programmiert.
Natürlich kommt auch vor, dass ein falsches Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kam, weil das Schadbild nicht einwandfrei erkannt wurde. Vielleicht haben Sie schon mal die Begriffe parasitäre und nichtparasitäre Ursachen gehört. Parasitäre Ursachen kommen durch Schaderreger wie den Kartoffelkäfer oder Pilzkrankheiten wie den Sternrußtau an Rosen. Fachleute sprechen dabei von belebten Ursachen. Nichtparasitäre Schäden sind beispielsweise Nährstoffmangel, Trockenheit, Vernässung, Verletzungen der Pflanzen durch Hagel. Diese Vorkommnisse werden als unbelebte Ursachen bezeichnet. Bei ungünstigem Zusammenwirken sehen nichtparasitäre Schadbilder den parasitären ähnlich. Dann kommt ein Spritzmittel gegen Schaderreger zur Anwendung, doch wäre eine pflanzenbauliche Maßnahme, etwa eine Düngung, richtig gewesen. Daraufhin wundert sich der Gärtner, dass es zu keiner Besserung kommt.
Einen Punkt darf man nicht vergessen: Resistenz, das heißt, bestimmte Mittel zeigen keine Wirkung mehr gegen das Unkraut, den Schädling oder die Krankheit. Verursacht wird dies durch die häufige Anwendung desselben Mittels oder Wirkstoffes gegen denselben Erreger. Irgendwann hat es der Organismus geschafft, sich an die Behandlung zu gewöhnen. Auch wesentlich höhere Aufwandmengen bringen dann keinen Erfolg mehr.
Nicht zu vergessen sei auch der Umstand, dass kaputte Blätter nicht mehr „ganz“ werden: Eine heilende Wirkung gibt es nur in sehr begrenztem Umfang. Beispielsweise kann eine Düngergabe den Nährstoffmangel beheben. Dadurch verändert sich die gelbe, hellgrüne, ungesunde Blattfarbe in natürliches, gesundes Grün. Aber von falschem Mehltau zerstörte Gurkenblätter bleiben kaputt.
Um all dem aus den Füßen zu gehen, ist es sinnvoll sich beraten zu lassen. Dafür stehen die Fachberater der Gartenvereine und die Mitarbeiter der Gartenakademien zur Verfügung. Für den Gartenliebhaber ist es besonders wichtig sich beim Kauf der Präparate mit Informationen zu versorgen. Jeder der Pflanzenschutzmittel abgibt, muss sachkundig im Pflanzenschutz sein. Hier können Sie nachhören. Bitte, niemand braucht mir zu erzählen, dass bei der Beratung in Gartenmärkten hie und da noch Luft nach oben ist. Aber Sie können zur Verbesserung beitragen. Lassen Sie nicht locker und seien Sie offen für anderes.
Stopp, bevor es noch untergeht: Die Eigenmischungen zur Bekämpfung von Krankheiten, Schädlingen oder Unkraut sind komplett außen vor. Sie allein tragen die Verantwortung bei deren nicht erlaubtem Einsatz. Inklusive den Minderwirkungen beziehungsweise Schäden an ihren Nutz- oder Zierpflanzen.
Quelle:
Hans Willi Konrad, DLR Rhein-Nahe-Hunsrück
Das Foto zeigt einen von der Kräuselkrankheit, einer Pilzerkrankung, befallenden Pfirsich.