Gregor Scheiber aus Planig starb in russischer Kriegsgefangenschaft. „Gerne hätten wir Dich persönlich kennengelernt“, lautet der Untertitel eines Buches, in dem seine Enkelin Christiane Scheiber 260 Briefe dokumentiert, die Kameraden, die Familie und der Großvater selbst in den Jahren 1940 bis 1948 schrieben. Die Originalbriefe hat Christiane Scheiber (FOTO) jetzt dem Haus der Stadtgeschichte geschenkt.
Diese spannenden und aufschlussreichen Dokumente über den Alltag im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit hat Christiane Scheiber im Nachlass ihres 2017 verstorbenen Vaters Friedel Scheiber gefunden. Die Großmutter Dora Scheiber, geborene Bappert, hat ihrem Mann oft an die Front geschrieben. In den Briefen der Eheleute ging es viel um das Essen in diesen schweren Zeiten, um die Erziehung der Kinder und um die Preise für Lebensmittel. Zu den mehr als 20 Briefeschreibern gehörten auch die beiden Brüder von Gregor Scheiber, August und Fritz.
Wo und wie Gregor Scheiber starb, konnte nicht geklärt werden. Der Sanitäter aus dem russischen Gefangenenlager in Landsberg an der Warthe schrieb u.a. in einem Brief vom 7.4.1948 an die Ehefrau, dass Gregor Scheiber entweder in einem Hospital außerhalb des Lagers oder in einem Lazarett in Russland gestorben sei .„Ich betone, dass er nicht zum Lager zurückkam, ich hätte ihn sonst sehen müssen …“ Gregor Scheiber wurde vom Amtsgericht Wöllstein im Jahr 1962 offiziell für tot erklärt.
Von Scheibers Kameraden hat die Familie erfahren, dass nach einem Überfall russischer Streitkräfte die meisten von ihnen fliehen konnten, aber der Großvater deshalb nicht, weil das eiskalte Wasser eines Flusses, durch den die Soldaten entkamen, den sicheren Tod für den herzkranken Mann bedeutet hätte.
Nicht nur die Briefe der Soldaten an die Familie haben Christiane Schreiber sehr bewegt. „Einen Menschen über Briefe kennenzulernen ist ein Glücksfall“, sagt sie. In der ersten Covid-Lockdownphase im Mai 2020 hat sie alle Briefe mit weiteren Informationen zu ihrer Familie in einem Buch zusammengefasst.
Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann bedankt sich nun herzlich für die Schenkung: Die Briefe seien eine Bereicherung für das Haus der Stadtgeschichte und eine wichtige Ergänzung des Planiger Bürgerarchivs. Die Unikate brächten zusätzlich zu den offiziellen Verlautbarungen neue Betrachtungsebenen in das Thema Zweiter Weltkrieg ein und erlaubten Blicke auf ein Soldatenschicksal.
Franziska Blum-Gabelmann hat Christiane Scheiber den Vorschlag gemacht, über die Geschichte ihrer Familie anhand der Briefe im Haus der Stadtgeschichte einen Vortrag zu halten. Und die Stadtarchivarin fände es großartig, wenn weitere Schenkungen von Planiger Bürger*innen folgen würden.
Quelle: Hansjörg Rehbein
Stadtverwaltung Bad Kreuznach