In der Sprache der Planer ist es Abstandsgrün, aus der Sicht der Umweltschützer geht es um Artenschutz und Klimaverbesserung im Kleinen: Grünflächen zwischen Häuserzeilen verdienen ein genaueres Hinsehen aller Beteiligten, wie ein Gespräch von Gewobau und Bad Kreuznacher Klimagemeinschaft im Januar zeigte.
Gut 114.000 qm umfasst das „Abstandsgrün“ in der Verantwortung der Gewobau, also eine Fläche so groß wie 16 Fußballfelder, verteilt auf mehr als 50 Parzellen in Zuschnitten zwischen 70 und 12.250 qm. Im Zusammenhang etwa mit der Sanierung der 60er-Jahre-Wohnhäuser in der Schubertstraße hat die Gewobau schon gezeigt, wie sie sich Nachhaltigkeit im Umfeld ihrer Immobilien vorstellt. Nun trafen sich Gewobau-Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger und Techniker Rainer Arend in Bad Kreuznach-Südost mit Mitgliedern der örtlichen Klimagemeinschaft, um zu bespechen, wie die Grünflächen nachhaltig bepflanzt und gemeinschaftlich genutzt werden könnten.
Direkt am Bürgerpark fand das Treffen statt. Die Ehrenamtlichen Pia Hilgert, Helmut Hafemann, Pfarrer i. R. Siegfried Pick und Matthias Baden als Vertreterinnen und Vertreter der Klimagemeinschaft und deren Untergruppe „Grün“ erkannten das Potenzial des Areals und kündigt an, bei dessen nachhaltiger Bepflanzung impulsgebend mitzuwirken. Über dieses Interesse freut sich Karl-Heinz Seeger und zeigte sich offen für die Unterstützung und Beratung durch die Gruppe.
Hausbewohner*innen einbeziehen
Den Vorschlag, die Mieter*innen an der Planung und Pflege der Begrünung zu beteiligen, begrüßte Karl-Heinz Seeger. Soziale Teilhabe sei schließlich eine der tragenden Säulen bei allen Maßnahmen der Gewobau. Im Bürgerpark entstehe deshalb noch in diesem Jahr der „Bürgerpavillon“. Der im Grundriss als X angelegte energieautarke Holzbau soll auch mit seinen Grünflächen als Begegnungsstätte fungieren und den Sharing-Gedanken im Südosten der Stadt beleben.
Pfarrer i. R. Siegfried Pick zeigte sich begeistert vom geplanten Quartierszentrum und erkundigte sich nach den Möglichkeiten, dort auch Bildungsveranstaltungen durch den Naturschutzbund abzuhalten. Ein etwa 150 Quadratmeter großer Saal und mehrere voneinander abgetrennte Außenflächen werden dies ermöglichen, so Seeger. Der Klimaschutz soll per se im Pavillon eine große Rolle spielen, betonte er: „Wir selbst haben vor, dort neben einer allgemeinen Sprechstunde auch regelmäßig energetische Beratung für Mieterinnen, Mieter und andere Interessierte anzubieten.“
Mehr Garten im Korellengarten
In unmittelbarer Nähe des Bürgerparks liegt der Korellengarten. Dort unterhält die Gewobau einige Mehrfamilienhäuser mit großzügigen Grünflächen. „Hier gab es bisher kein besonderes Begrünungskonzept“, so Rainer Arend. Die üppig dimensionierten Außenflächen bergen einen typischen Interessenskonflikt, nämlich die Kosten für die Grünpflege, die auf die Wohnungsinhaber*innen umgelegt werden. Diese Kosten im Blick zu halten sei ein Umstand, der die Umgestaltung der Grünflächen zur Herausforderung mache.
Dasselbe gelte für die Fassadenbegrünung. „Wir müssen bei allen Maßnahmen immer noch bezahlbar bleiben“, merkte Karl-Heinz Seeger an. Als öffentliches und kommunales Wohnungsunternehmen mit einer Durchschnittsmiete von 4,95 Euro sei die Gewährleistung der Bezahlbarkeit ein wichtiger Aspekt. Die Mitglieder der Klimagemeinschaft zeigten sich zuversichtlich, dennoch geeignete Lösungen zu finden.
Auch die Gewobau hatte bereits Ideen für erschwingliche, pflegeleichte und nachhaltige Bepflanzungen. „Wir möchten hier das eine oder andere anders gestalten“, sagte Karl-Heinz Seeger mit Blick auf die Außenflächen im Korellengarten. „Deshalb hat Herr Arend auch ein Baum- und Pflanzenkataster erarbeitet, damit wir sehen, was noch alles möglich ist.“ Sommerflieder könne die Flächen aufwerten und sei zudem relativ pflegeleicht. „Allerdings müssen wir zu jeder Pflanzung auch eine dreijährige Anwuchspflege mitausschreiben“, gibt Rainer Arend zu bedenken.
Beteiligung ist noch besser als Teilhabe
Um die daraus resultierende Kostensteigerung zu mindern, empfahl Helmut Hafemann „nicht nur Teilhabe, sondern Beteiligung“: Die Bewohnerinnen und Bewohner sollten aktiv mitbestimmen, wie die Begrünung zu gestalten sei und einen Teil der Pflege übernehmen. Das könne ein Aktionsfeld für Initiativgruppen und ambitionierte Hausgemeinschaften darstellen, fügte Siegfried Pick hinzu. Helmut Hafemann verwies auf ähnliche Projekte in anderen Städten, etwa Speyer. „Da wollten in manchen Häusern einige beispielsweise eine Kräuterschnecke für Küchenkräuter und andere lieber artengeschützte Pflanzen. Alles wurde funktional gemischt, da geht Soziales mit Naturschutz Hand in Hand.“
Projekte dieser Art brauchen Organisation und ein gutes Quartiersmanagement, welches die Gewobau stellen wird. „Und die Kommunikation, das Besprechen dieser Themen mit den Mieterinnen und Mietern, kann dann im Quartierszentrum erfolgen“, plante Karl-Heinz Seeger. Zudem gebe es im Quartier so viele Flächen, dass die verschiedenen Optionen, die Areale zu gestalten, nicht miteinander konkurrieren müssten. Im sogenannten Abstands- und Zwischengrün seien Erholungs- und Begegnungsmöglichkeiten, aber auch Pflanzenschutz- oder Spielareale für Kinder denkbar.
Genügend Ideen sind da; die Gewobau und die Klimagemeinschaft können auf eine fruchtbare Zusammenarbeit hoffen. Das Interesse der Gewobau daran ist groß. „Die Natur wieder zurückbringen“, nannte Karl-Heinz Seeger den nun eingeschlagenen Pfad im Gespäch mit hanz-online. Und bei der Grünflächengestaltung des Quartiers Südost soll es nicht bleiben, Pia Hilgert sprach bereits ihr Interesse an einer Führung durch das Solar-Quartier aus.
Thomas Gierse
Quelle: Gewobau (auch Foto)
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Städtische Grünflächen und -räume
Themenblatt: Anpassung an den Klimawandel
Umweltbundesamt