Ein Medientermin der Bad Kreuznacher Gewobau am 24. Februar 2022 erhielt mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine eine nicht absehbare Aktualität. Dr. Heike Kaster-Meurer und Karl-Heinz Seeger, Aufsichtsratsvorsitzende beziehungsweise Geschäftsführer der Gewobau, stellten zwei Sanierungsvorhaben vor, die auch energetische Verbesserungen umfassen — deren Bedeutung angesichts extremer Preissteigerungen und teilweiser Verknappung auf dem Energiemarkt rasant wächst.
Rund 800.000 € wird die Gewobau in die Sanierung der jeweils 21 Wohnungen umfassenden Häuser Planiger Straße 85 (FOTO) und Emil-Nolde-Straße 1 investieren. Decken und Dach, Fenster und Türen der Laubenganghäuser aus den 60ern werden energetisch optimiert. Hinzu kommen zahlreiche dem Werterhalt und der Optik dienende Arbeiten an der Außenhülle: Asbesthaltige Wellplatten auf den Dächern werden ersetzt, Dachrinnen und Fallrohre werden ausgetauscht, die Balkone und Loggien abgedichtet sowie die Fassaden instandgesetzt und farblich neu gestaltet. Die Außengelände werden neu hergerichtet und die Müllplätze eingehaust.
Das dann verschönerte Äußere ist Dr. Heike Kaster-Meurer und Karl-Heinz Seeger aus zwei Gründen wichtig: Es sei einerseits Wertschätzung den Mietern gegenüber und andererseits — beim Blick von der Gensinger Straße aus auf das Haus Planiger Straße 85 — eine Aufwertung des gesamten Erscheinungsbildes bei der Fahrt in Richtung Innenstadt. Die Mieter können in ihren Wohnungen verbleiben; bis zum Frühherbst soll alles fertig sein. In der Planiger Straße sollen die Arbeiten an der Nummer 85 Auftakt für die spätere Sanierung des gesamten Ensembles zwischen Gensinger und Planiger Straße sein.
Miete unverändert - dank Förderung
Nach Abschluss der Arbeiten werden die 42 Mietparteien über modernisierte Wohnungen verfügen, für die sie zunächst den unveränderten Mietpreis von rund 5 € je Quadratmeter zu entrichten haben und die ihnen dank der energetischen Maßnahmen das Energiesparen erleichtern. Die Explosion der Energiepreise war noch nicht abzusehen, aber die Gewobau-Sanierungen folgten zuvor schon derselben Devise: Für die Mieter sei es egal, wie sich die „Miete“ anteilig aus der monatlichen Überweisung an die Gewobau und den Nebenkosten zusammensetze, sagte Kaster-Meurer, „entscheidend ist: Was geht ab fürs Wohnen?“ Die Gesamtaufwendung der Mieter sinkt, und das bei noch dazu aufgewertetem Wohnumfeld.
Diese Systematik zugunsten des bezahlbaren Wohnens ist nach Kaster-Meurers und Seegers Worten zwei Umständen zu verdanken. Zum einen der Gewobau beziehungsweise dem Selbstverständnis von Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Denn bei den Vergleichszahlen im Verband der Wohnungswirtschaft (VdW Rheinland Westfalen) weiche die Gewobau in einem Punkt deutlich von den anderen Unternehmen ab: bei den Aufwendungen für die Bestandserhaltung.
Zum anderen sei die öffentliche Förderung ein Schlüssel für bezahlbares Wohnen. Karl-Heinz Seeger, ehrenamtlich Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft rheinland-pfälzischer Wohnungsunternehmen (ARGE RLP), sprach von 2 bis 4 Euro Mietpreissteigerungen, die Sanierungen nach sich ziehen, wenn die öffentliche Förderung entfällt. Für die beiden Objekte in der Planiger Straße und in der Emil-Nolde-Straße steuert die ISB (Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, Förderband des Landes) einen nicht zurückzuzahlenden Zuschuss in Höhe von 25 % bei. Dank dieser Zuwendung bleibt der Mietpreis zunächst stabil und wird für die nächsten 15 Jahre auf 6.95 €/qm „gedeckelt“.
Appell: KfW-Förderung wieder aufnehmen
Im Januar hat die Bundesregierung die KfW-Förderung für effiziente Gebäude gestoppt. Die Gewobau ist davon nicht betroffen, weil ihre Projekte mit der ISB-Förderung arbeiten. Doch insgesamt bedeute der Wegfall der KfW-Förderung für sozialorientierte Vermieter wie die Gewobau ein Desaster. Junge Familien und Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen — die Hauptklientel auch der Gewobau — seien die Leidtragenden solcher Entscheidungen.
Erst die Zuschüsse machten „das Objekt nachhaltig“, betont Seeger. „Nachhaltig bedeutet für uns das Verbinden von Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Sozialverträglichkeit.“
Die Wohnungswirtschaft in Deutschland habe mit einem Vorlauf von zwei bis drei Jahren rund 900 Mio. € in Projekte mit KfW-Mitteln gesteckt. „Dies verpufft, wenn die Förderung wegfällt“, sagt Seeger, und wiederholt die Forderung an den Bund, die KfW-Förderung wieder aufzunehmen und den sozialverträglichen Wohnungsbau zu unterstützen. Man könne nicht fordern, 400.000 fehlende Wohnung zu bauen, davon 100.000 öffentlich gefördert, und dann die Förderung weglassen. „Das passt nicht“, so Seeger — nicht zum derzeitigen Status der Wohnungsmarktes und nicht zum Leitbild der Gewobau: „Bezahlbarer Wohnraum — das ist immer unser Schwerpunkt.“
Thomas Gierse