Sie stellen gut 70% der Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz, absolvieren 55 % aller Abschlussprüfungen an Hochschulen, arbeiten halb so oft wie Männer in Führungspositionen und erhalten dafür etwa 80 % des Entgelts ihrer männlichen Kollegen, sie sind fünfmal häufiger alleinerziehend als Männer und sie machen 7,1 % der Strafgefangenen im Land aus. Dies geht aus dem Faltblatt „Frauen in Rheinland-Pfalz“ des Statischen Landesamtes hervor.
Zum Internationalen Frauentag am 8. März zeigt das Landesamt in Bad Ems in dem Faltblatt die Situation von Frauen (und damit zugleich von Männern) in verschiedenen Lebensbereichen auf – unter anderem auch im Erwerbsleben.
Es gibt fast genauso viele erwerbstätige Frauen wie Männer. Dies zeigen die Ergebnisse der jährlichen Mikrozensus-Erhebung des Statistischen Landesamtes. Demnach sind in Rheinland-Pfalz rund 47 Prozent aller Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 65 Jahren weiblich. Die Erwerbstätigenquote der 15- bis 65-jährigen Frauen beträgt 72 Prozent; das heißt, drei Viertel aller Frauen in dieser Altersgruppe gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Bei den Männern sind es 81 Prozent. Frauen sind dabei häufiger teilzeitbeschäftigt: Mehr als jede zweite erwerbstätige Frau arbeitet in Teilzeit (52 Prozent), bei den Männern beträgt die Teilzeitquote nur 9,2 Prozent.
Frauen sind in Führungspositionen deutlich seltener vertreten als Männer: Der Frauenanteil unter den Führungskräften beträgt 30 Prozent. Dabei sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches weibliches Berufsleben günstig: Frauen erreichen im Durchschnitt höhere Bildungsabschlüsse als Männer. Fast 43 Prozent der jungen Frauen verlassen die allgemeinbildenden Schulen mit der allgemeinen Hochschulreife, bei den jungen Männern sind es nur 33 Prozent. Außerdem legen Frauen knapp 55 Prozent der an Hochschulen bestandenen Abschlussprüfungen ab.
Eine wichtige Rolle für die Teilhabe von Frauen am Berufsleben spielen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Mittlerweile wird fast jedes dritte Kind unter drei Jahren außer Haus betreut. Vor zehn Jahren war es erst jedes Fünfte. In der Corona-Krise sind die Betreuungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt. Vor allem für die mehr als 100.000 alleinerziehenden Frauen in Rheinland-Pfalz dürfte dies in Bezug auf die Erwerbstätigkeit eine große Herausforderung sein.
Thomas Gierse
Quelle: Statistisches Landesamt Bad Ems
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www.statistik.rlp.de/fileadmin/dokumente/kurzinformationen/Faltblatt_Frauen_2021.pdf
Meinung
Recht plakativ und damit pointiert stellt das Faltblatt des Statistischen Landesamtes die Rollen und Werdegänge der Geschlechter im Jahr 2021 gegenüber. Diese Darstellung zeichnet einmal mehr nach, was schon jeder weiß (oder wissen könnte): Frauen leisten genauso viel und oftmals mehr als Männer, sie sind mehr als Männer der Kitt für die Gesellschaft und sie kosten die Allgemeinheit weniger: Sie bringen öfter als Männer ihr Studium zu Ende, sie verursachen weniger Schäden im Straßenverkehr, sie spielen bei Freiheitsstrafen eine Nebenrolle.
Dass Frauen im Beruf bei gleicher Aufgabe und Leistung weniger als ihren männlichen Kollegen bezahlt wird, ist eine der in der öffentlichen Wahrnehmung bestbekannten Schieflagen im Verhältnis der Geschlechter. Diese Gender-Pay-Gap wird umso abstruser, je stärker man die sozialen Rollen der Frauen und der Männer in Betracht zieht.
Anlass zu dieser erweiterten Betrachtung bietet der Internationale Frauentag, dessen Fortbestehen auch 110 Jahre nach seiner Erfindung und 100 Jahre seit seiner regelmäßigen Präsenz in den Jahreskalendern nichts an seiner Bedeutung eingebüßt hat. Sicher, in diesen 100 Jahren haben die Männer einige Scharten auswetzen können beziehungsweise müssen. Gleichwohl bewegen sie sich aus der Perspektive derer, denen die Gleichstellung der Geschlechter eine Frage der Gerechtigkeit und des Anerkenntnisses gesellschaftlicher sowie „systemrelevanter“ Realitäten ist, insgesamt im Tempo einer Wanderdüne. Dass dieser Jahrestag am 8. März in absehbarer Zeit aus den Kalendern verschwinden wird, ist nicht zu erwarten. Und das ist armselig.
Thomas Gierse